Von Sandra Köktas
Aktualisiert am March 24, 2023
Das Futur 2, die sogenannte vollendete Zukunft, ist eine zusammengesetzte Zeit. Um sie zu bilden, kommen drei Verbformen zusammen, welche in der richtigen Reihenfolge im Satz verbaut werden müssen. Außerdem greift das Futur 2 auf das Partizip Perfekt zurück. Zudem erfordert der Blick auf Vergangenes in der Zukunft gedankliche Flexibilität. Die sparen sich die meisten Menschen im Alltag gerne und greifen auf einfachere und kürzere Wege zurück, um über Dinge zu sprechen, die in der Zukunft bereits abgeschlossen sein werden. In vielen Fällen führt allerdings ein Weg am Futur 2 vorbei. Wir zeigen dir, wie du es meisterst.
Eine kurze Bemerkung zum Einstieg: In der deutschen Grammatik wird das Futur 2 oft auch als Futur II geschrieben. Das sollte dich nicht verwirren, beides meint dieselbe Zeit. Wie also wird das Futur 2 gebildet? Die vollendete Zukunft ist aus drei Verbformen zusammengesetzt:
Beispiel:
Das Perfekt setzt sich aus einer konjugierten Form von “haben” oder “sein” zusammen und dem Partizip Perfekt:
Ich habe gelacht.
Beim Futur 2 werden beide Elemente ebenfalls verwendet, allerdings wird die Aufgabe der konjugierten Verbform vom Hilfsverb “werden” übernommen, das in die Zukunft weist. “Haben” oder “sein” müssen also die Stelle der konjugierten Verbform aufgeben und rücken als Infinitiv hinter das Partizip Perfekt ans Satzende. Betrachten wir einige Beispielsätze, um zu sehen, wie aus dem Perfekt das Futur 2 wird:
Beispiel mit “haben”:
Präsens: Ich spiele.
Perfekt: Ich habe gespielt.
Futur 2: Ich werde gespielt haben.
Beispiel mit “sein”:
Präsens: Ich fahre.
Perfekt: Ich bin gefahren.
Futur 2: Ich werde gefahren sein.
Anmerkung: Auch das Englische bildet das Futur 2 aus dem Perfekt, und auch im Englischen handelt es sich dabei um eine zusammengesetzte Zeitform der Vergangenheit.
Perfekt: I have played.
Futur 2: I will have played.
Beim Futur 2 kommen also generell drei Verbformen zusammen. Beim Futur 2 Passiv kommt im Deutschen sogar noch eine dazu, und zwar wieder eine Form von werden. Das liegt an der Bildung des Passivs aus einer konjugierten Form von “werden” und dem Partizip Perfekt.
Aktiv: Ich fahre
Passiv: Ich werde gefahren.
Setzen wir dies nun zuerst ins Perfekt. Dazu nimmt eine konjugierte Form von “sein” (oder “haben”) die Stelle der konjugierten Verbform ein, “werden” rückt in der Form des Partizips Perfekts von “werden”, nämlich “worden”, hinter das Partizip Perfekt ans Satzende. Im Perfekt Passiv folgen also das Partizip Perfekt des Vollverbs und das Partizip Perfekt von “werden” aufeinander:
Präsens: Ich werde gefahren.
Perfekt: Ich bin gefahren worden.
Setzen wir dies schließlich ins Futur 2. Dazu nimmt eine konjugierte Form von “werden” (für das Futur, nicht das Passiv), die Stelle der konjugierten Verbform ein, “sein” rückt hinter das Partizip Perfekt von “werden” ans Satzende.
Perfekt: Ich bin gefahren worden.
Futur 2: Ich werde gefahren worden sein.
Das Futur 2 setzt bereits umfangreiche Kenntnisse der deutschen Grammatik voraus und ist ein Thema für Fortgeschrittene.
Wie du siehst, sind im Aktiv drei, im Passiv vier Verbformen unterzubringen, um das Futur 2 zu bilden. Einfache Sätze sehen anders aus! In den Beispielen oben bestand ein Satz jeweils nur aus dem Subjekt (“ich”) und dem Verb. Wie verhält es sich mit der Wortstellung, wenn weitere Satzteile hinzutreten, die Aussage verneint oder in eine Frage verwandelt wird? Sehen wir uns die folgenden Beispiele für die richtige Wortstellung mit Futur 2 an:
Aktiv:
Positive Aussage: Ich werde ein Auto gefahren haben.
Negative Aussage: Ich werde nicht ein Auto gefahren haben.
Positive W-Frage: Wer wird ein Auto gefahren haben?
Negative W-Frage: Wer wird nicht ein Auto gefahren haben?
Positive Ja-/Nein-Frage: Werde ich ein Auto gefahren haben?
Negative Ja-/Nein-Frage: Werde ich nicht ein Auto gefahren haben?
In allen Aussagesätzen und W-Fragen steht die konjugierte Form von “werden” an zweiter Stelle im Satz. Es folgen die Negation, gegebenenfalls weitere Satzteile und schließlich das Partizip Perfekt des Vollverbs mit dem Infinitiv von “haben” oder “sein”.
Bei Ja-/Nein-Fragen tauschen die konjugierte Verbform von “werden” und das Subjekt den Platz, der Rest bleibt gleich.
Passiv:
Positive Aussage: Ich werde in einem Auto gefahren worden sein.
Negative Aussage: Ich werde nicht in einem Auto gefahren worden sein.
Positive W-Frage: Wer wird in einem Auto gefahren worden sein?
Negative W-Frage: Wer wird nicht in einem Auto gefahren worden sein?
Positive Ja-/Nein-Frage: Werde ich in einem Auto gefahren worden sein?
Negative Ja-/Nein-Frage: Werde ich nicht in einem Auto gefahren worden sein?
In allen Aussagesätzen und W-Fragen steht die konjugierte Form von “werden” an zweiter Stelle im Satz. Es folgen die Negation, gegebenenfalls weitere Satzteile und schließlich das Partizip Perfekt des Vollverbs mit dem Partizip Perfekt von “werden” und zuletzt dem Infinitiv von “haben” oder “sein”.
Bei Ja-/Nein-Fragen tauschen die konjugierte Verbform von “werden” und das Subjekt den Platz, der Rest bleibt gleich.
Das Futur 2 wird für zwei Fälle von Vermutungen verwendet:
Sehen wir uns ein paar Beispiele für die Verwendung des Futur 2 im Deutschen an:
Wissen: Peter ist heute um zwei Uhr losgefahren. Die Fahrt dauert in der Regel drei Stunden. Jetzt ist es acht Uhr.
Vermutung: Er wird mittlerweile wohl angekommen sein.
Wissen: Peter hat einen Gips am Arm.
Vermutung: Er wird wohl einen Unfall gehabt haben.
Wissen: Peter hatte einen Unfall. Er trägt einen Gips am Arm.
Vermutung: Im April wird der Arm wohl geheilt sein.
Wissen:Peter möchte nach Spanien ziehen. Er sieht sich bereits dort nach einer Arbeitsstelle um.
Vermutung: Bis nächstes Jahr wird er wohl ausgewandert sein.
Sehr häufig stehen in Verbindung mit dem Futur 2 Wörter wie “wahrscheinlich”, “wohl” oder “sicher”, die hervorheben, dass es sich um eine Vermutung handelt. Bei Vermutungen über die Zukunft steht darüber hinaus immer eine Zeitangabe (im April, bis nächstes Jahr). Lässt man sie weg, fragt man sich unwillkürlich, wann das vermutete Ergebnis eintreten wird.
Für Vermutungen über den Ausgang von Ereignissen in der Vergangenheit wird das Futur 2 regelmäßig verwendet, insbesondere in Verbindung mit einer Verneinung:
Für Vermutungen über den Ausgang von Ereignissen in der Zukunft wird in der Praxis aber fast immer auf das Perfekt zurückgegriffen:
Wie die Bezeichnung Futur 2 schon vermuten lässt, gibt es auch ein Futur 1. Beide Zeitformen blicken in die Zukunft, und beide nutzen dazu eine konjugierte Form des Hilfsverbs “werden” im Präsens. Beim Futur 1 folgt dieser der Infinitiv des Vollverbs, beim Futur 2 das Partizip Perfekt des Vollverbs mit dem Infinitiv von “sein” oder “haben”:
Futur 1: Ich werde lernen.
Futur 2: Ich werde gelernt haben.
Mit dem Futur 1 kannst du Absichten für die Zukunft sowie Vermutungen über die Gegenwart und die Zukunft ausdrücken, mit dem Futur 2 stellst du Vermutungen über den Ausgang von Ereignissen in der Vergangenheit und der Zukunft an.
Futur 1: Ich werde jetzt mein Zimmer aufräumen. Denn morgen werden wohl Gäste kommen.
Futur 2: Sein Zimmer ist aufgeräumt. Er wird gestern wohl Gäste gehabt haben. Er erwartet für morgen Gäste. Bis dahin wird er wohl sein Zimmer aufgeräumt haben.
Das Futur 2 stellt Vermutungen über die Vergangenheit oder über eine vollendete Zukunft an. Dazu greift es nicht nur auf das Perfekt in Form von Partizip Perfekt und Infinitiv von “haben” oder “sein” zurück, sondern weist durch das Präsens von “werden” in die Zukunft. In vielen Fällen kannst du sogar ganz darauf verzichten und das Perfekt mit passender Zeitangabe als Ersatz nutzen. Verrückt? Es klingt komplizierter als es ist. Wann wirst du das deutsche Futur 2 gemeistert haben?
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