Von Lea Hauke
Aktualisiert am July 28, 2023
Während sich einige EU-Beitrittskandidaten wie die Türkei seit Jahren darum bemühen, in die Europäische Union aufgenommen zu werden, ist die Schweiz kein Mitglied der EU und will es zum Stand der Dinge auch nicht sein. Als reiches Land mit einem stabilen Arbeitsmarkt ist die Schweiz für Reisende und Expats ein interessantes Ziel. Da bestimmte Sonderabkommen mit der EU getroffen wurden und sie als Teil des Schengen-Raums gilt, ist für Reisende aus Drittländern beispielsweise kein gesondertes Visum für die Schweiz erforderlich.
Falls du dich schon immer gefragt hast, warum die Schweiz kein Mitglied der EU ist und welchen Sonderstatus das Land mit den vier Landessprachen innehält, dann haben wir hier einige Antworten für dich vorbereitet.
Um zu verstehen, warum die Schweiz kein Mitglied der EU ist, hilft es sich ihre Geschichte ein wenig genauer anzusehen. Werte wie die politische Neutralität, Souveränität und die direkte Demokratie spielen darin eine große Rolle.
Die Schweizer Neutralität spielt in der Geschichte der Schweiz eine wichtige Rolle. Unter anderem ist dieser Sonderstatus der Schweiz Grund dafür, dass ein Beitritt zur EU von vielen Schweizern abgelehnt wird. Im Jahr 1515 verlor die Schweiz die Schlacht bei Marignano gegen Frankreich, woraus ein Friedensvertrag der beiden Länder resultierte. Die Niederlage bildet für viele den Beginn der Schweizer Neutralität, die 1815 schließlich im Vertrag von Paris festgelegt wurde. Seitdem hat sich die Schweiz an keinen militärischen Auseinandersetzungen beteiligt. Die politische Neutralität der Schweiz wurde auch während des Ersten Weltkriegs und des Zweiten Weltkriegs gewahrt. Das Klischee, dass Schweizer immer politisch neutral agieren, ist allerdings nicht vollkommen wahr. Direkte Demokratie und Volksabstimmungen sind in der Schweiz ein hohes Gut.
Würde die Schweiz der EU beitreten, liegen Kriegsfragen nicht mehr nur in ihrer eigenen Hand, was eine Neutralitätspolitik gefährden könnte. Für viele Schweizer ist das ein entscheidender Grund, der gegen den EU-Beitritt spricht.
Die Souveränität der Schweiz wurde nach dem Ende des Dreißigjährige Kriegs ausgebildet und ist für viele Schweizer nach wie vor von hoher Wichtigkeit. Die Schweiz ist als souveräner Staat unabhängig von anderen Staaten und damit ihre eigene höchste Instanz. Das bedeutet, dass alle Angelegenheiten, die die Schweiz betreffen, auch von ihr selbst geregelt werden.
Das politische System der Schweiz, eine Mischung aus repräsentativer und direkter Demokratie, entspricht ebenfalls dem starken Unabhängigkeitsgedanken. Zwar werden Gesetzesvertreter gewählt, das letzte Wort bei Gesetzeserlassen haben aber die Bewohner der Schweiz mittels Volksabstimmung.
Zwar ist die Schweiz kein offizielles Mitglied der EU, in vielerlei Hinsicht trägt sie allerdings die gleichen Verantwortungen und genießt im Austausch ähnliche Vorteile wie ein EU-Mitgliedsstaat. Bereits 1972 wurde zwischen der Schweiz und den EU-Staaten ein Freihandelsabkommen abgeschlossen. Das bedeutet, dass der freie Handel von Waren, Produkten und Dienstleistungen unter diesen Ländern gewährleistet ist. Wirtschaftlich profitieren also beide Seiten von diesem Abkommen. Ein Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) wurde seitens der Schweiz 1992 abgelehnt. Erneute Umfragen zeigten, dass sich die Haltung der Wahlberechtigten in der Schweiz zu diesem Thema nicht verändert hat.
Doch nicht nur seitens des Handels wurden von der EU Sonderabsprachen mit der Schweiz getroffen. Am 21. Juni 1999 unterzeichneten beide Parteien ein bilaterales Abkommen I, das verschiedene Themenbereiche mit einschließt und regelt. 2004 gab es das bilaterale Abkommen II, in welchem verschiedene Aspekte nachverhandelt wurden. Unter anderem wurden in diesen Verträgen Themen wie die Personenfreizügigkeit, Forschungsabkommen, Aspekte des Luftverkehrs, der Landwirtschaft und des Überlandtransports geregelt.
Außerdem trat die Schweiz 2008 dem Schengen bei, was das Reisen für viele Menschen erleichterte. Gleichzeitig forderte die Schweiz die Gewährleistung ihres Bankgeheimnisses, eine Sonderregelung, die bis heute gewahrt wird, aber vielen EU-Politikern aufgrund der erhöhten Korruptionsgefahr ein Dorn im Auge ist. Schließlich gibt es bis heute Fälle der Steuerhinterziehung, bei welchen Geld in die Schweiz geschafft wird.
Zwischen 2014 und 2018 wurde ein Rahmenabkommen zwischen der EU und der Schweiz erstellt, das die Beziehungen untereinander regeln sollte. Nach mehrjährigen Aushandlungen stimmte die Schweiz allerdings gegen den Entwurf des Abkommens. 2021 wurden die Gespräche mit der EU beendet.
Der Beitritt der Schweiz in die EU bleibt auch in Zukunft unwahrscheinlich. Eine der größten Bedenken der Schweiz betrifft die Gefährdung ihrer Wirtschaft. Als sehr reiches Land mit einer niedrigen Arbeitslosenquote wird gefürchtet, dass sich die wirtschaftlichen Bedingungen in der Schweiz verschlechtern könnten.
Generell läuft es für die Schweiz wirtschaftlich sehr gut. Ein Beitritt zur EU scheint bis heute nicht den nötigen Reiz auszumachen.
Obwohl die Schweiz häufig aufgrund geografischer und sprachlicher Ähnlichkeiten mit Österreich und Deutschland in einen Topf geschmissen wird, ist ihre politische Position eine besondere. Die Geschichte der Schweiz hat Werte wie Eigenverantwortlichkeit tief in ihrer Kultur verankert. Durch einen Beitritt zur EU sehen viele Schweizer diesen Wert als gefährdet an. Ganz nach dem Schweizer Sprichwort: “Wänn jedä für sich luegt, isch für all gluegt.” (“Wenn jeder für sich selbst schaut, ist für alle geschaut.”), sind die Bewohner der Schweiz stolz auf ihre Neutralität und Unabhängigkeit.
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