Von Jakob Straub
Aktualisiert am November 8, 2022
Wenn du zwei Sprachen fließend sprichst, kannst du dich als zweisprachig bezeichnen. In einer Zeit, in der man überall global mit einander vernetzt ist, gibt es auch tatsächlich viele Menschen, die mehrere Sprachen sprechen. Aber warum wird überhaupt darüber debattiert, was Zweisprachigkeit bedeutet? In diesem Blogpost sprechen wir über die Themen Muttersprachler, Sprachkenntnisse und „Translanguage“.
Lass uns zunächst das Wort auseinander nehmen. Das Präfix „bi“ bedeutet zwei, und Lingua ist das lateinische Wort für Zunge bzw. Sprache. Jemand, der bilingual ist, kann also zwei Sprachen sprechen. Die Erklärung aus dem Wörterbuch zeigt jedoch eine subtile Ergänzung auf.
Bilingual: Zwei Sprachen fließend sprechen.
Der Unterschied liegt in der Fähigkeit, fließend sprechen zu können. Denn wie gut muss ich eine Sprache beherrschen, um mich als bilingual bezeichnen zu können?
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Als Muttersprachler beherrschst du deine Sprache natürlich fließend. Aber es ist ein gängiges Missverständnis, dass man seine Zweitsprache (und weitere Sprachen) in der Kindheit erlernen muss. Studien zum Lernverhalten von Menschen zeigen, dass es in der Kindheit einfacher ist, aber man auch im späteren Leben, noch als Erwachsener, zweisprachig werden kann.
Unterschiedliche Faktoren können die Zweisprachigkeit fördern, z.B. Migration oder das Aufwachsen in einem mehrsprachigen Haushalt. Aber natürlich kann man eine Zweitsprache auch in der Schule oder auf eigene Faust erlernen.
Bilingualität gibt es auf der ganzen Welt, in allen Altersstufen und in jeder Gesellschaftsschicht. In den USA gibt es zum Beispiel 50 Millionen Menschen, die zwei Sprachen beherrschen. Zweisprachigkeit während der Kindheit ist in Indien oder in vielen europäischen Ländern weit verbreitet, da Kinder dort eine mindestens eine weitere Sprache in der Schule lernen.
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Es existiert der Glaube, dass man wahre Zweisprachigkeit erst dann erlangt hat, wenn man beide Sprachen gleichermaßen beherrscht. Der ideale bilinguale Mensch hat darüber hinaus tiefreichende Kenntnisse der Kultur, Geschichte und Gesellschaft, versteht die verschiedenen Dialekte und weiß, wann man sie einsetzen muss, um wie ein Muttersprachler sprechen zu können.
Diese Bedingung des absoluten Könnens widerspricht dabei unserer realen Auffassung von bilingualen Personen. Professor Emeritus François Grosjean hat in seinen Arbeiten zur Zweisprachigkeit festgehalten, dass bilinguale Menschen ihre zwei Sprachen soweit beherrschen, wie sie sie auch brauchen. Es ist üblich, dass eine der beiden Sprachen dominant ist. Die Fähigkeit, in beiden Sprachen schreiben und lesen zu können, muss nicht vorhanden sein.
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Translanguage bedeutet, dass zweisprachige Menschen ihre beiden Sprachen kombinieren und damit quasi eine neue Art und Weise erfinden, sich auszudrücken. Nein, das ist kein Zeichen von mangelndem Sprachverständnis, im Gegenteil – es zeigt es viel mehr, wie groß das Sprachverständnis ist und wie sehr diese beiden Sprachen dabei verknüpft werden.
Dennoch tragen Ausdrücke wie “Denglisch” (Deutsch-Englisch) oder “Spanglish” (Spanisch-Englisch) eine negative Konnotation in dem Sinne, dass sie als einfache Vermischung von zwei Sprachen gesehen werden. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Zweiprachige Menschen sind weder faul, noch dumm, wenn sie zwei Sprachen kombinieren. Sie leihen sich Ausdrücke und wechseln in ihrem Repertoire hin und her, und erweitern so ihre Möglichkeiten, sich sprachlich auszudrücken. In einem Gespräch mit jemanden, der nur eine Sprache beherrscht, sind sie natürlich in der Lage, nur bei dieser Sprache zu bleiben.
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Ein weiterer Mythos ist, dass zwesprachige Kinder länger brauchen oder größere Probleme dabei haben, eine Sprache in der Schule zu lernen, wenn sie zu Hause eine andere Sprache sprechen. Tatsächlich bringt Zweisprachigkeit nicht nur lernerische, sondern auch soziale und ökonomische Vorteile. Zweisprachigkeit erhöht die neuronale Verknüpfung, verbessert die analytischen Fähigkeiten, die Problemlösungskompetenz und natürlich die Fähigkeit zum Erlernen einer neuen Sprache.
Multilinguale Menschen zeigen oft eine größe Fähigkeit, sich mit anderen Menschen oder Kulturen zu identifizieren oder sich in sie einzufühlen. Der erweiterte Zugang zu Kultur, Lernmaterialien und Möglichkeiten bringt dabei viele weitere Vorteile.
Wenn du zweisprachig bist und eine deiner Sprachen noch weiter trainierst, erweiterst du dein Wissen und deine ohnehin schon sehr komplexe linguistische Sprachpraxis. Lass dich nicht von Menschen entmutigen, die unmöglich hohe Ansprüche an Zweisprachigkeit stellen!
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