Autor: Lingoda Team

Sprachanalyse: Sprache als politisches Instrument

In einer umfangreichen Untersuchung zeigen Sprachexperten, durch welche sprachlichen Kniffe Politiker sich in ihren Reden positionieren.

Veröffentlicht am: 9. Oktober 2024

Ohne Sprache ist Politik undenkbar – sie ist das A und O, um politische Wirklichkeiten zu erzeugen und zu vermitteln. In politischen Reden und Texten manifestieren sich Machtverhältnisse. Sie bestimmen, wer im Diskurs die Deutungshoheit besitzt und welche Positionen als legitim gelten schreibt der Germanist und Experte für politische Linguistik Heiko Girnth [1]. Spitzenpolitiker sind besonders geübt darin, ihre Sprache strategisch einzusetzen, um ihren Standpunkt zu untermauern, bestimmte Stimmungen bei den Wählern zu erzeugen und sich von konkurrierenden Parteien und Akteuren abzuheben.

Linguistische Analysen beschäftigen sich häufig intensiv mit dem Sprachgebrauch von Politikern. Sie helfen dabei, Muster zu erkennen, Aufschlüsse über Ideologien und Werte zu geben sowie das Verhältnis zu den Wählenden und der gesellschaftlichen Lage eines Landes oder einer Region zu verstehen. Auch wir bei Lingoda möchten einen Blick darauf werfen, wie die aktuell wichtigsten politischen Akteure in Deutschland und den USA kommunizieren.

In einer Analyse haben die Sprach-Experten von Lingoda untersucht, worin sich Wortwahl und Inhalte der Reden deutscher Spitzenpolitiker unterscheiden. Analysiert wurden Bundestags- und Parteitagsreden von Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU), Robert Habeck (Grüne), Sahra Wagenknecht (BSW), Olaf Scholz (SPD) und Alice Weidel (AfD).

Darüber hinaus beleuchtet die Analyse auch die Reden der diesjährigen US-Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump sowie ihrer Running Mates Tim Walz und James David „J. D.“ Vance [2].

 

Für die Analyse wurden die Reden der untersuchten Politiker jeweils auf einer Skala zwischen einem und zehn Punkten in den Kategorien Rhetorik, Verständlichkeit, sprachliche Korrektheit, Mitgefühl, Kompromissbereitschaft, Stimmung, Aggressivität sowie gendergerechte Sprache zueinander bewertet. Für die deutschen Politiker haben unsere Experten Bundestags- sowie Parteitagsreden analysiert, für die US-amerikanischen Politiker wurden die jeweiligen Nominierungsreden auf den Parteitagen untersucht.

Die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick

  • Alle sieben untersuchten deutschen Politiker überzeugen in ihren Reden durch ein hohes rhetorisches Geschick
  • Die Parteitagsreden der deutschen Politiker zeichnen sich durch eine tendenziell positivere Stimmung aus als ihre Bundestagsreden. Nur die untersuchten Reden von Markus Söder im bayerischen Landtag erzeugen eine noch positivere Stimmung als seine untersuchte Parteitagsrede.
  • Christian Lindner zeigt sich in seinen Reden in Bezug auf die Aggressivität genauso moderat wie Robert Habeck.
  • Ein Blick über den Ozean: Donald Trump tritt rhetorisch vergleichbar stark auf wie seine Rivalin Kamala Harris.
  • Im Hinblick auf alle analysierten Kategorien sind Kamala Harris und Tim Walz laut unserer Analyse allerdings sprachlich versierter als Donald Trump und sein Running Mate J. D. Vance.

Rhetorik: Mit den richtigen Formulierungen zum Ziel

  • Rhetorik stammt vom griechischen rhētorikḗ (téchnē), was ‘Redekunst’ bedeutet
  • Diese Kunst der öffentlichen Rede umfasst unter anderem Stilmittel wie Metaphern und eine überzeugende Argumentationsstruktur
  • Rhetorik ist das klassische Werkzeug der politischen Kommunikation
  • Alle untersuchten Redner in dieser Kategorie überzeugen mit hohen Werten zwischen sieben und neun von zehn Punkten

Das wohl bekannteste Beispiel für ein rhetorisches Stilmittel ist die rhetorische Frage, mit der eine Position verdeutlicht werden soll. In der Landtagsrede vom 13. Juni 2024 im Bayerischen Landtag verwendet Markus Söder (CSU) zum Beispiel die folgenden rhetorischen Fragen, um die kontinuierlichen Anstrengungen seiner Partei, den Standort Bayern zu fördern, zu untermauern:

 

„Aber auch unsere heimischen Global Player wie Siemens, BMW, MAN, Audi oder MTU investieren weiter kräftig in Bayern. Das geschieht nicht, weil wir ihnen Geld hinterherschmeißen – das dürfen und können wir gar nicht –, sondern weil die Rahmenbedingungen und das Ökosystem für Technologie, für Forschung und Modernität bei uns gut sind. Ist das schon alles? – Nein, darauf ruhen wir uns nicht aus.”

Verständlichkeit

  • Wer überzeugende Politik machen will, muss sich klar und deutlich äußern können
  • Auch in dieser Kategorie erreichen alle untersuchten deutschen Politiker in ihren Bundestagsreden eine hohe Verständlichkeit

Christian Lindner ist neben Olaf Scholz und Robert Habeck einer der drei Politiker, die in der Kategorie “Verständlichkeit” mit besonders hohen Werten punkten. Alle drei erhielten neun von zehn Punkten. Linder kann komplexe Gegenstände in klaren, verständlichen Sätzen und in einer für verschiedene Bildungsschichten zugänglichen Sprache formulieren, wie das folgende dieses Zitat aus seiner Rede vom 14.12.2023 zeigt:

 

“Finanzkriminalität ist eine fundamentale Bedrohung. Sie kostet den deutschen Staat jährlich nicht nur einen hohen Milliardenbetrag. Sie untergräbt vor allen Dingen auch das Vertrauen in die Integrität unseres Wirtschaftsstandortes und die Stabilität unserer Gesellschaft. Der rechtschaffene Unternehmer und die ehrliche Bürgerin dürfen am Ende nicht die Dummen sein, wenn Verbrecher mit ihren illegalen Machenschaften bei uns zu leichtes Spiel haben. Daher nehmen wir jetzt eine grundlegende Neuordnung bei der Bekämpfung von illegalen Finanzströmen und Geldwäsche vor. Wir bündeln die bislang fragmentierten Zuständigkeiten in einer schlagkräftigen neuen Behörde, im Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität.” 

Sprachliche Korrektheit

  • Ein guter Redner ist in der Lage, sich sprachlich korrekt auszudrücken, zum Beispiel in Bezug auf grammatikalische Regeln und Satzbau 
  • Auch in dieser Kategorie erzielen alle Politiker sehr hohe Werte zwischen acht und neun Punkten
  • Das liegt unter anderem auch daran, dass es sich bei den Bundestagsreden um vorgeschriebene Reden handelt

Die Reden zeichnen sich insgesamt durch gut strukturierte und formulierte Sätze aus, wie das folgende Zitat von Sahra Wagenknecht vom 13.06.2024 verdeutlicht:

„Wir sagen klar: Wer zu uns kommt und Gewalttaten verübt, der hat das Recht auf Aufenthalt verwirkt, und wer keinen Schutzstatus hat, der kann auch nicht im Land bleiben.“

 

Der Verzicht von solch präzise formulierten Sätzen kann in diesem Kontext auch einem bestimmten Zweck dienen. So verwendet Markus Söder immer wieder umgangssprachliche Satzkonstruktionen, wie das Beispiel aus seiner Landtagsrede vom 18.07.2024 zeigt:


“Nach den verregneten Wochen, die wir hinter uns haben, freuen wir uns jetzt auf schönes Wetter, Sommer, Sonne, Urlaub, Schulferien, darauf, zu genießen, Sport zu machen, Fitness zu machen, zu relaxen, Luft zu holen und einfach einmal ein bisschen abzuschalten von mancher seltsamen Rede, die wir hier hören mussten, meine Damen und Herren.”

Der informelle Ton macht diese Rede zugänglicher für das Publikum, was in einem politischen Kontext durchaus beabsichtigt sein kann. Das verdeutlicht, dass eine Entfernung von der Standardsprache auch ein wirkungsvolles Stilmittel sein kann.

Mitgefühl

  • Größere Unterschiede zeigen sich zum Beispiel darin, wie mitfühlend ein Redner seine Sprachwahl gestaltet
  • Ob ein Politiker sich betont empathisch positionieren möchte oder nicht, hängt nicht zuletzt auch von seinem persönlichen politischen Stil und seiner Agenda ab

Robert Habeck hebt sich in seinen Bundestagsreden mit acht von zehn Punkten durch sein hohes Einfühlungsvermögen hervor. So sagte er in seiner Bundestagsrede vom 15.05.2024:

 

“Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico ist gerade niedergeschossen worden. Ich sage das deswegen, weil wir wissen, dass aus Worten Taten folgen und dass diese Taten meistens eine geistige Vorbereitung haben. Wir – diejenigen, die sich dem demokratischen Spektrum zugehörig fühlen – sollten, denke ich, unsere Worte sorgsam wägen. Von hier aus: Robert Fico, gute Besserung!”

 

Friedrich Merz hingegen erhält für den Ausdruck von Mitgefühl in seiner Sprache drei Punkte. Er verwendet wenig Formulierungen, um Anteilnahme auszudrücken. Seine Sprache ist gekennzeichnet von einem Fokus auf strategische Maßnahmen und der Suche nach Lösungen, ohne emotionale Verbindung zu den Betroffenen herzustellen. Dies wird anhand des Zitats aus seiner Rede vom 26.06.2024 deutlich:

 

„Gegen diese Bedrohung der Freiheit, gegen diese Zerstörung des Friedens, auch in dem Teil der Welt, in dem wir bisher das große Glück haben, zu leben, müssen vor allem wir Europäer uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln – politisch, selbstverständlich diplomatisch, aber letztendlich, wo notwendig, auch mit militärischer Abschreckung und Verteidigung – zur Wehr setzen. Lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit hier sagen: Die EU und die NATO müssen gerade in den nächsten Tagen und Wochen die Weichen für eine lange Zeit richtig stellen, damit wir in Europa und in dem Teil der Welt, den wir nicht nur geografisch, sondern vor allem normativ ‚den Westen‘ nennen, und letztendlich auch in Deutschland weiter in Freiheit und in Frieden leben können.“

  • Habeck betont zwar auch die Gefahren für Demokratie, die aus Taten wie dem Angriff auf Robert Fico folgen; durch die direkte Ansprache an Fico in seiner Rede drückt er aber gleichzeitig persönliches Mitgefühl aus
  • Merz verzichtet in seinem Zitat darauf, sich auf menschliche Schicksale zu beziehen; stattdessen bleibt er mit seinen allgemeinen und teilweise floskelhaften Formulierungen auf einer abstrakteren Ebene und betont die Relevanz von politischen und militärischen Maßnahmen 

Kompromissbereitschaft

  • Die Bereitschaft zu Kompromissen stellt einen wichtigen Bestandteil politischer Arbeit dar, um Standpunkte unterschiedlicher Parteien und Wählergruppen möglichst gut zu vereinen, etwa in Koalitionsverhandlungen 
  • Wie kompromissbereit sich Politiker in ihren Reden zeigen, ist also ein guter Indikator dafür, inwieweit sie bereit sind, von eigenen Standpunkten abzuweichen und gemeinsam mit anderen Politikern nach Lösungen zu suchen

Mit jeweils acht Punkten zeigen Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (Grüne) die höchste Offenheit dafür, Kompromisse einzugehen. So äußert sich Scholz zum Thema internationale Handelspolitik zum Beispiel folgendermaßen:

“Wir haben dafür gesorgt, dass jetzt nicht einfach die Züge aufeinander zufahren, sondern dass die Europäische Union und China jetzt über einen gemeinsamen Weg in der Frage der Autozölle sprechen.”

 

Friedrich Merz und Alice Weidel positionieren sich in den untersuchten Bundestagsreden hingegen kaum kompromissbereit. Weidels Zitat aus ihrer Rede im Bundestag am 31.01.2024 macht ihre Einstellung gegenüber der Koalition deutlich:

 

“Die Reparatur der Reparatur eines missglückten und aufgeblähten Haushaltsentwurfs ist ein Dokument Ihrer Arroganz und Ihres Unvermögens. Sie reden vom Sparen; aber Sie bürden die Lasten allein den Bürgern auf. Die Stimmung bei den Unternehmen ist am Boden. Die Ampel ist das größte Standortrisiko für Deutschland.”

 

  • Dabei dürfte sich sich der Ausdruck von Kompromissbereitschaft von regierenden Politikern und Oppositionspolitikern naturgemäß durchaus unterscheiden 
  • Während Regierungspolitiker sich als staatstragend und kompromissbereit darstellen müssen, ist es die Aufgabe der Opposition, die Regierung eher zu kritisieren

Stimmung

  • Politiker können durch Sprache unterschiedliche emotionale Atmosphären erzeugen
  • Diese Kategorie berücksichtigt, ob ein Redner eher darum bemüht ist, für Optimismus zu sorgen – oder ob negative Emotionen im Vordergrund stehen

Olaf Scholz und Robert Habeck sind am stärksten darum bemüht, eine optimistische Stimmung zu erzeugen. Scholz verwendet häufig positive Formulierungen wie “Deshalb finde ich es gut, was uns in letzter Zeit gelungen ist”. Er fokussiert sich als regierender Politiker in seinen Reden immer wieder auch auf vergangene Erfolge. Besonders deutlich zeigt sich das auch in dem folgenden Zitat vom 26. Juni 2024:

“So ist Deutschland. Wir sind stark, weil wir zusammenhalten. Das ist die wichtige Botschaft, die von diesem Unglück ausgeht. In akuten Notlagen wie dieser ist immer auch der Bund mit allen seinen Kräften zur Stelle. In den vergangenen Tagen hat sich wieder gezeigt: Unser Land funktioniert.”

 

Friedrich Merz hingegen gibt sich als klassischer Oppositionspolitiker in seinen Reden sehr häufig kritisch und vorwurfsvoll:

“Seitdem Sie Verantwortung in Deutschland tragen, rauscht Deutschland im internationalen Vergleich die Ränge nur so herunter.”

Aggressivität

  • Zu politischen Debatten gehört auch, dass man seinen Standpunkt verteidigt
  • Manche Politiker sind dabei härter in ihrem Auftreten als andere und verwenden Ausdrücke oder Formulierungen, die als besonders angriffslustig interpretiert werden können
  • Andere hingegen drücken Kritik indirekter aus

Alice Weidel und Friedrich Merz verwenden mit am häufigsten sprachliche Mittel, die als aggressiv ausgelegt werden können. Olaf Scholz oder Christian Lindner sind in ihren Reden zum Beispiel deutlich weniger konfrontativ. Ein sehr deutliches Beispiel für aggressive Sprache findet sich in der Bundestagsrede von Sahra Wagenknecht vom 26. Juni 2024. Sie beginnt ihre Rede mit den folgenden Worten:

“Herr Bundeskanzler, Ihr Verständnis von Demokratie ist wirklich bemerkenswert. Die Wähler erteilen Ihnen und der Ampel eine Abfuhr sondergleichen, und Sie machen einfach weiter, als wäre nichts passiert.”

Durch diese Wortwahl in ihrer Einleitung positioniert sich Wagenknecht direkt als konfrontativ und macht deutlich, dass sie ihren Standpunkt offensiv verteidigt.

Geschlechtergerechte Sprache

  • Gendergerechte Sprache ist in den letzten Jahren zu einem großen Diskussionsthema innerhalb der Politik geworden
  • Dabei gehen die Meinungen zwischen Politikern auseinander, wie sinnvoll oder notwendig die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache ist

Robert Habeck ist der einzige von uns untersuchte Politiker, der sich durchgängig in seinen Bundestagsreden um geschlechtergerechte Sprache bemüht und dafür acht Punkte erhält. Markus Söder (CSU) erhält in dieser Kategorie sechs von zehn Punkten, da in seinen Reden teilweise inklusive Formulierungen zu finden sind. Das liegt jedoch unter anderem auch daran, dass er in seinen Reden immer wieder Formulierungen wie “Bürgerinnen und Bürger” verwendet. Bekannt ist, dass die CSU sich wie die CDU deutlich gegen ein umfassendes Gendern ausspricht und gender-inklusive Sprache vor allem im Schulkontext ablehnt [2]. 

 

Alice Weidel (AfD) verzichtet in ihren Reden komplett auf gendergerechte Sprache. Sie verwendet in ihrem Sprachgebrauch durchgängig das generische Maskulinum: “Der deutsche Staat kann seine Pflicht nicht mehr erfüllen, die Bürger und ihre Rechte zu schützen.” (aus ihrer Rede vom 06.06.2024)

So unterscheidet sich die Sprache von Politikern zwischen Bundestag und Parteitag

Die Art, wie sich Politiker ausdrücken, ist auch vom Setting ihrer Auftritte abhängig. Um das zu verdeutlichen, vergleicht die Sprachanalyse auch den sprachlichen Stil zwischen Bundestags- und Parteitagsreden. Der Vergleich ist besonders spannend, weil Bundestagsreden meist auf eine breite Öffentlichkeit und politische Gegner ausgerichtet sind, während Parteitagsreden dazu dienen, die eigene Basis zu motivieren und die innerparteiliche Geschlossenheit zu stärken. Die Ergebnisse zeigen, dass es stark von den sprachlichen Kategorien abhängig ist, wie sehr Politiker ihren Sprachgebrauch zwischen den beiden Settings verändern.

  • In Rhetorik unterscheiden sich Friedrich Merz, Olaf Scholz, Robert Habeck und Alice Weidel zwischen Bundestag und Parteitag 
  • Merz, Scholz und Weidel zeigen sich in ihren Parteitagsreden rhetorisch etwas besser, während Habeck sich in diesem Kontext stärker positioniert
  • Habeck verwendet in der untersuchten Parteitagsrede viel bildhafte Sprache, während er in seinen Bundestagsreden einen sachlicheren Ton anschlägt
  • Lindner hingegen benutzt in beiden Settings gleichbleibend oft stilistische Mittel wie rhetorische Fragen oder Ironie
  • Merz, Scholz, Lindner, Habeck, and Söder all score lower in the “Comprehensibility” category for their party convention speeches
  • This could be because the consensus at a party convention is already high, so they may not feel the need to emphasize Comprehensibility as much
  • Nur Sahra Wagenknecht und Markus Söder unterscheiden sich hinsichtlich ihres ausgedrückten Mitgefühls zwischen den untersuchten Bundestags- und Parteitagsreden
  • Das ist ein starker Hinweis dafür, dass der Grad an Empathie, den die einzelnen Politiker in ihren Reden vermitteln, authentisch ist und nicht vom Setting der Reden beeinflusst wird
  • Wie offen Politiker sich für Kompromisse geben, scheint stark abhängig vom Kontext zu sein
  • Hierbei unterscheiden sich nur die Reden von Scholz und Lindner nicht zwischen den beiden Settings
  • Merz und Weidel zeigen sich parteiintern kompromissbereiter, während sie im Bundestag eine härtere Linie in ihren Reden auffahren
  • Lindner, Wagenknecht und Söder hingegen zeigen sich im Bundestag offener für die Suche nach gemeinsamen Lösungen, während sie auf dem Parteitag einen größeren Fokus auf die Werte und Ansätze ihrer eigenen Partei legen
  • Die Kategorie Stimmung zeigt deutliche Unterschiede zwischen Bundestags- und Parteitagsreden
  • Bis auf Scholz und Lindner präsentieren sich die Redner in ihren Parteitagsreden positiver als in den Bundestagsreden
  • Ein Grund hierfür könnte sein, dass sie auf dem Parteitag die eigene Basis mobilisieren und motivieren wollen 
  • Im Bundestag hingegen ergibt sich die negativere Stimmung möglicherweise daraus, dass gerade hier der Konflikt mit anderen Parteien ausgetragen und Kritik an der Opposition deutlich gemacht wird
  • In der Kategorie Aggressivität unterscheiden sich bis auf Robert Habeck alle Politiker zwischen Bundestag und Parteitag
  • Christian Lindner oder Sahra Wagenknecht wählen in ihren Parteitagsreden schärfere Worte als im Bundestag
  • Damit könnten sie versuchen, die eigene Basis zu mobilisieren und Geschlossenheit zu demonstrieren 
  • Politiker wie Olaf Scholz oder Alice Weidel, die im Bundestag eine härtere Sprache wählen, tun dies häufig, um ihre politischen Gegner direkt anzugreifen und sich klar zu positionieren
  • In dieser Kategorie unterscheiden sich lediglich Markus Söder und Alice Weidel zwischen den beiden Settings
  • Söders Parteitagsrede enthält mehr Umgangssprache. Dadurch schafft er einen lockeren Ton auf Augenhöhe und gibt sich innerhalb seiner Partei nahbarer.
  • Der Umfang, in dem gendergerechte Sprache verwendet wird, unterscheidet sich in den analysierten Reden zwischen Bundestag und Parteitag am häufigsten
  • Nur Robert Habeck, der sich konstant um genderinklusive Sprache bemüht, erhält in beiden Settings acht Punkte
  • Sehr häufig verwenden die untersuchten Politiker mehr gendergerechte Sprache in ihren Parteitagsreden als im Bundestag
  • Eine Erklärung hierfür kann sein, dass sie im direkten Kontakt zu anderen Parteimitgliedern für eine stärkere Einbindung sorgen möchten

Der Blick über den Atlantik: So geben sich die Präsidentschafts- und Vize-Kandidaten sprachlich

Am 5. November 2024 findet die 60. Wahl zum Präsidenten und dessen Vize in den USA statt. Aus diesem Grund beschäftigt sich die aktuelle Analyse auch mit den Nominierungsreden der Republikaner Donald Trump und seinem Running Mate J.D. Vance sowie der Demokraten Kamala Harris und ihrem Running Mate Tim Walz.

Donald Trump: “This will be the most important election in the history of our country.”

Kamala Harris: “We are not going back. We are not going back. We are not going back.” 

  • Die Präsidentschaftskandidaten und politischen Rivalen Donald Trump und Kamala Harris sind gleichauf und verwenden viele rhetorische Kniffe
  • Beide  überzeugen durch ihren emotionalen Appell und ihre Fähigkeit, mit dem Publikum zu kommunizieren
  • Insbesondere Trump sticht dabei mit seinem Redestil heraus, der von Superlativen und Wiederholungen geprägt ist
  • Tim Walz und J.D. Vance schneiden etwas schwächer ab als ihre jeweiligen Präsidentschaftskandidaten
  • Walz fokussiert sich auf persönliche Geschichten und gemeinsame Werte
  • Vance nutzt Anekdoten, um Patriotismus zu betonen und so an die Emotionen seines Publikums zu appellieren

Donald Trump: “They just, this beautiful crowd, they didn’t want to leave me. They knew I was in trouble. They didn’t want to leave me. And you can see that love written all over their faces. True.”

Kamala Harris: “Growing up, we moved a lot. I will always remember that big Mayflower truck, packed with all our belongings, ready to go — to Illinois, to Wisconsin, and wherever our parents’ jobs took us.”

  • In der Kategorie “Verständlichkeit” erzielen Walz und Harris die höchsten Punkte
  • Trump hingegen erzielt in diesem Punkt deutlich geringere Werte
  • Dies liegt hauptsächlich an seiner oft unstrukturiert wirkenden Kommunikation
  • Trumps häufigen Wiederholungen sind zwar ein wirkungsvolles rhetorisches Stilmittel, verhindern jedoch immer wieder eine gute Verständlichkeit
  • Zudem tendiert er in seinen Reden dazu, abzuschweifen

Donald Trump: “Our love and prayers are with them and always will be.”

Kamala Harris: “Stories of women miscarrying in a parking lot, developing sepsis, losing the ability to ever again have children, all because doctors are afraid they may go to jail for caring for their patients.”

  • Mitgefühl ist für die Wähler entscheidend: Wie auch in Europa kämpfen viele US-Amerikaner derzeit mit steigenden Lebenshaltungskosten und einer starken politischen Polarisierung
  • Harris zeigt in ihrer Rede das größte Mitgefühl, gefolgt von Walz
  • Trump hingegen fällt mit fünf Punkten hinter die beiden Demokraten zurück, was ein weniger empathisches Auftreten widerspiegelt

Er versucht zwar immer wieder, sich durch seine Worte mit der Arbeiterklasse zu verbinden. Oft bleibt sein Kommunikationsstil aber selbstzentriert und wenig empathisch, und seine mitfühlenden Worte wirken schnell wie unpersönliche Floskeln.

Donald Trump: “The Democrat party should immediately stop weaponizing the justice system.”

Kamala Harris: “In many ways, Donald Trump is an unserious man. But the consequences of putting Donald Trump back in the White House are extremely serious.”

  • Trump wählt in seiner Rede die aggressive Sprache im Vergleich zu Harris. Er greift häufig politische Gegner an und verwendet eine konfrontative Sprache
  • Vance ist weniger aggressiv. Zwar kritisiert auch er seine Gegner, jedoch in einem gemäßigteren Ton
  • Walz zeigt eine geringere Aggressivität und konzentriert sich mehr auf seine eigene Politik
  • Harris’ Rede beinhaltet aggressive Äußerungen vor allem in Bezug auf Trump. Insgesamt verwendet auch sie aber eine deutlich zurückhaltendere Sprache

Donald Trump: “If Democrats want to unify our country, they should drop these partisan witch hunts, which I’ve been going through for approximately eight years. And they should do that without delay and allow an election to proceed that is worthy of our people. We’re going to win it anyway.”

Kamala Harris: “Last year, Joe and I brought together Democrats and conservative Republicans to write the strongest border bill in decades.”  

  • Harris und Walz zeigen sich als die kompromissfähigsten Redner, während Trump in diesem Punkt eine deutliche Unnachgiebigkeit aufweist. 
  • So präsentiert Trump seinen Weg als den einzigen richtigen
  • Sein Running Mate Vance legt seinen Fokus auch deutlich auf die eigene Partei, präsentiert sich im Vergleich zu Trump aber etwas offener

Donald Trump: “Charged with Jocelyn’s heinous murder, two illegal aliens from Venezuela who came across our border, were in custody and were then released into the country by this horrible, horrible administration that we have right now.”

Kamala Harris: “Because the future is always worth fighting for. And that’s the fight we are in right now — a fight for America’s future.”

  • Sowohl Harris als auch Walz sind darum bemüht, eine positive Atmosphäre hervorzurufen
  • Beide Demokraten blicken mit Optimismus in die Zukunft der USA, auch wenn sie aktuelle Herausforderungen im Land anerkennen
  • Trumps Rede hingegen zeichnet sich durch eine negativere Stimmung aus. Zwar findet sich auch in seinen Worten Zukunftsoptimismus. Er betont aber viel stärker aktuelle Zustände im Land und bewertet diese negativ

Donald Trump: “And this great iron dome will be built entirely in the U.S.A. We’re going to build it in the U.S.A. And Wisconsin, Wisconsin, just like I gave you that massive ship contract, and you’re doing a very nice job, governor, right? Thank you, governor. And they’re doing a great job. In fact, I had a little design change and we gave them a tremendous for, essentially, what we used to call destroyers. These are now the most beautiful. They look like yachts.”

Kamala Harris:This is one of the reasons I became a prosecutor: to protect people like Wanda, because I believe everyone has a right to safety, to dignity and to justice.”

  • Ähnlich wie bei ihren deutschen Kollegen ist die sprachliche Korrektheit bei den US-amerikanischen Politikern hoch 
  • Harris und Walz zeichnen sich durch eine hohe grammatikalische Korrektheit mit gut strukturierten Sätzen aus
  • Trump schneidet im Vergleich in dieser Kategorie am schlechtesten ab, da er unter anderem häufig unvollständige Sätze verwendet, so genannte Ellipsen

Donald Trump: “We will not have men playing in women’s sports. That will end immediately.”

Kamala Harris: “And, so, on behalf of the people, on behalf of every American, regardless of party, race, gender or the language your grandmother speaks.”

  • Trump verwendet wenig geschlechtergerechte Sprache. So äußert er sich unter anderem abschätzend gegenüber transsexuellen Menschen, insbesondere transsexuellen Sportlern
  • Harris hingegen legt großen Wert darauf, mit ihren Worten alle Menschen zu inkludieren. Sie erwähnt explizit, dass sich ihre Politik an alle US-Amerikane richtet, unabhängig vom jeweiligen Geschlecht

Das sind die Wörter, die Politiker am häufigsten sagen

  • Robert Habeck

  • Christian Lindner

  • Friedrich Merz

  • Olaf Scholz

  • Markus Söder

  • Sahra Wagenknecht

  • Alice Weidel

  • Kamala Harris

  • Donald Trump

  • J.D. Vance

  • Tim Walz

Methodik

Für die deutschen Politiker wurden je drei Bundestagsreden und eine Parteitagsrede hinsichtlich acht verschiedener sprachlicher Kategorien analysiert. Einzige Ausnahme bildete Markus Söder, dessen Sprachanalyse auf Landtagsreden basiert. Die Auswahl der entsprechenden Reden erfolgte zufällig. Ausgewählt wurden Reden zwischen dem 8. November 2023 und 18. Juli 2024. Für die Sprachanalyse der US-amerikanischen Politiker wurden die Nominierungsreden auf den jeweiligen Parteitagen 2024 verwendet. Die Analyse erfolgte durch zwei Lingoda-Experten und wurde durch verschiedene Language Learning-Modelle unterstützt. Die berücksichtigten Kategorien waren dabei wie folgt definiert:

 

Sprachliche Kategorien

Rhetorik: Die Kunst der Redeführung. Rhetorik zeigt, wie wirkungsvoll und überzeugend die ausgewählten Reden sind. Diese Kategorie umfasst den Einsatz sprachlicher Mittel, um Zuhörer und Zuhörerinnen zu überzeugen oder zu beeinflussen. Dazu gehören unter anderem Redefiguren, Argumentationsstruktur und Sprachstil.

Verständlichkeit: Der Grad, zu dem eine Rede für das Publikum nachvollziehbar ist. Hier geht es um die Klarheit der Sprache, die Verwendung von allgemein verständlichen Begriffen und die logische Strukturierung der Inhalte.

Mitgefühl: Die Fähigkeit, Empathie und Verständnis für die Gefühle und Situationen anderer zu zeigen. Diese Kategorie bewertet, wie gut ein Politiker oder Politikerin auf emotionaler Ebene mit seinem Publikum und den Bürgern und Bürgerinnen in Verbindung tritt und Verständnis für deren Nöte oder Sorgen ausdrückt.

Kompromissbereitschaft: Die Bereitschaft, bei Meinungsverschiedenheiten Zugeständnisse zu machen und gemeinsame Lösungen zu finden. Hier wird analysiert, inwieweit ein Politiker oder Politikerin Offenheit für andere Standpunkte zeigt und bereit ist, von seiner eigenen Position abzurücken, um Konsens zu erreichen.

Stimmung: Die durch die Rede erzeugte emotionale Atmosphäre. Diese Kategorie betrachtet den Ton der Rede und die Art, wie ein Politiker oder Politikerin Emotionen beim Publikum hervorruft oder beeinflusst. Vor allem, ob er oder sie eine positiv oder negativ konnotierte Stimmung in den Reden erzeugt.

Aggressivität: Der Grad an Angriffslust in der Sprache. Hier wird bewertet, wie konfrontativ oder angriffslustig sich ein Politiker oder Politikerin gegenüber politischen Gegnern und Gegnerinnen oder anderen Gruppen äußert.

Sprachliche Korrektheit: Die Einhaltung sprachlicher Regeln in Bezug auf Grammatik, Syntax und Rechtschreibung. Diese Kategorie untersucht die sprachliche Präzision und Korrektheit der Reden.

Geschlechtergerechte Sprache: Die Verwendung von Formulierungen, die alle Geschlechter gleichberechtigt einbeziehen und repräsentieren. Hier wird analysiert, inwieweit ein Politiker oder Politikerin eine inklusive Sprache verwendet, die alle Geschlechter anspricht und Stereotypen vermeidet.

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